Das Serum kam einen Tag früher und in etwas größerer Menge als ursprünglich geplant. Deshalb begannen die Wertachkliniken auch einen Tag früher mit den Impfungen. Dr. Claus Schöler, Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie, organisiert und leitet die Impfung entsprechend der Impfverordnung und den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Das heißt, Beschäftigte mit hohem und höchstem Ansteckungsrisiko haben als erstes die Gelegenheit, sich impfen zu lassen. Zur ersten Gruppe der Berechtigten gehören in erster Linie die Pflegekräfte und Ärzte aber auch Reinigungskräfte und Physiotherapeuten oder Mitarbeiter des Sozialdienstes, die in den Notaufnahmen, auf den Intensivstationen und auf den Corona-Isolierstationen arbeiten.
„Da die meisten Pflegekräfte variabel eingesetzt werden, gehören sie eigentlich fast alle zur Gruppe mit der höchsten Priorität, während manche von uns Ärzten noch warten müssen“, erklärt Dr. Schöler. Er selbst zum Beispiel, wird als Chirurg erst später geimpft, weil er ein insgesamt geringeres Ansteckungsrisiko hat. Dennoch will sich Dr. Schöler sobald es geht impfen lassen. „Am Anfang war da schon noch eine gewisse Unsicherheit“, sagt er: „Aber inzwischen wurden die Studien veröffentlicht und man kann sehen, dass sie sehr akribisch erstellt wurden. Das hat mich überzeugt, so wissenschaftsgläubig bin ich.“
Die Belegschaft war im Vorfeld informiert worden, dass sie sich im neuen Jahr impfen lassen kann. Aber da der Impfstoff einen Tag früher geliefert wurde, konnten die Impfungen ebenfalls früher beginnen. Dafür wurden zwei festen Teams mit jeweils einem Arzt und drei Pflegekräften gebildet. „Beide Teams erklärten sich am frühen Neujahrsmorgen spontan bereit, die erste Schicht zu übernehmen. Und beide Teams haben vollen Einsatz geleistet“, erzählt Organisator Dr. Schöler begeistert: „Team Bobingen war nur wenige Minuten schneller und übernahm die erste Schicht. Das Team Schwabmünchen erschien dann am zweiten Tag, genauso früh und genauso motiviert.“ Und trotz des Feiertags war auch das Interesse der Impfberechtigten groß. Sie kamen vor, während oder nach der eigenen Schicht, aber auch aus der Freizeit heraus in die Wertachklinik nach Schwabmünchen, um sich die erste der beiden Spritzen geben zu lassen. 53 Beschäftigte wurden in der ersten Schicht, von 10 bis 15 Uhr geimpft. Alles wurde akribisch dokumentiert und nach 21 Tagen sieht man sich dann wieder, zur zweiten Impfung.
Die impfberechtigten Mitglieder der beiden Teams haben sich im Laufe des Tages auch selbst geimpft. Der erste war Dr. Stephan Proetzel, Assistenzarzt der Unfall- und Orthopädischen Chirurgie. Er gehört zur Hochrisikogruppe, weil er oft in der Notaufnahme tätig ist und hatte sich vorher gründlich informiert. In seiner Verwandtschaft gibt es praktischerweise zwei Doktoren der Biologie. Die Tante arbeitet beim fünftgrößten Pharmaunternehmen der Welt und der Onkel hat in den USA ein Labor. Mit beiden hatte er sich intensiv ausgetauscht, und nun bei der ersten Gelegenheit impfen lassen. Auch Chefarzt Dr. Schöler und Dr. Alexander Manakov, Funktionsoberarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie und Arzt im Team Schwabmünchen, haben sich die Studien genau angesehen. Wer noch unsicher ist, kann sich also vor der Impfung informieren und beraten lassen.
„Für uns ist der Impfstoff der große Schritt zur Bekämpfung der Pandemie“, freut sich Klinikvorstand Martin Gösele über den Impfstart. Mit der ersten Impfstoff-Lieferung wurden innerhalb von zwei Tagen 89 Kolleginnen und Kollegen geimpft, und sobald die nächste Lieferung kommt, wird es weitergehen. Gösele hofft, dass die Wertachkliniken im Laufe dieses Jahres wieder normaler arbeiten können, also mit weniger zusätzlichem Aufwand und Einschränkungen durch die speziellen Corona-Hygienemaßnahmen, ohne die Engpässe aufgrund der hohen Belastung auf den Corona-Stationen und ohne planbare Operationen verschieben zu müssen. Vor allem aber liegt dem Vorstand der Wertachkliniken die Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Herzen: „Auch wenn die Bevölkerung von einer Herdenimmunität noch weit entfernt ist, die Coronafallzahlen also nicht sofort sinken werden, bietet die Impfung den Beschäftigten in den Wertachkliniken einen guten Schutz vor schweren Verläufen der Erkrankung.“ Dr. Schöler bestätigt diese Sorge: „Jeder von uns kennt Menschen die relevant erkrankt sind und uns allen ist das hohe Ansteckungs-Risiko bei der täglichen Arbeit bewusst.“